Money makes the world go 'round
Aus leicht nachzuvollziehenden und völlig legitimen Gründen habe ich den Löwenanteil meiner Ersparnisse abgehoben, eine für mich nicht unbedeutende Summe (so viel Geld habe ich in meinem Leben noch nie besessen).
Nach Beendigung der Aktion frage ich mich, was für eine Beziehung zum Geld an sich ich habe. Ich glaube, sie ist von Pragmatismus und Freiheit geprägt: Ich bin beileibe nicht geldgeil, aber arm möchte ich auf Dauer natürlich nicht sein, obwohl es nicht schadet, mal für eine Zeit auf seine Ausgaben genau achten zu müssen. Seitdem ich meinen befristeten Job ausübe, hat es mir allerdings immer ein gewisses Vergnügen bereitet, die Summe auf meinen Konten beharrlich wachsen zu sehen. In den letzten drei Monaten haben sich meine Ausgaben merklich vergrößert, aber im Schnitt kam immer noch mehr „rein“ als weggegeben wurde. Noch immer bin ich der Meinung, mit Geld umsichtig umzugehen und es nur dann auszugeben, wenn ich wirklich den Eindruck habe, es sei nötig. Allerdings komme ich nach fast jeder Einkaufsaktion zu dem Schluss, etwas übers Ziel hinaus geschossen zu sein -nicht so sehr deshalb, weil das unerwartet große Minus beim Zahlenstand sich eins zu eins in Emotionen umsetzen lässt, sondern vor allem darum, weil mir das ganze Dasein als Konsument nicht mehr geheuer ist (obschon ich mich längst nicht davon habe emanzipieren können). So besitzt der (seltene) Einkauf von Klamotten, Haushaltsgegenständen und Dekorationen immer einen unguten Nachgeschmack – nur beim Kauf von Büchern gehe ich zumeist recht ungeniert vor. Ich spende auch ab und zu, obwohl es mir akut weh tut bzw. gerade weil es weh tut – danach aber stellt sich eine gewisse Befriedigung, um nicht zu sagen Selbstgefälligkeit ein, die den Effekt beim Konsum von zumeist überflüssigem Zeug bei weitem übertrifft. Ansonsten spare ich vor allem deshalb mein Vermögen an, weil ich nicht weiß, was die Zukunft noch bringen wird – der typische Effekt, der sich bei einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik nun mal millionenfach einstellt.
Das Geld musste also vom Konto und daher unmittelbar in meine Hände gelangen. Mal wieder war die Schlange in der Postbank-Filiale unglaublich lang, die Schalter unterbesetzt, auch wenn die anwesenden Mitarbeiter sich Mühe gaben, schnell und freundlich die Wünsche der Kunden abzuwickeln. Außerdem setzte der Tresor zeitweise aus und die Online-Verbindung zur Zentrale funktionierte nicht richtig. Der mich bedienende Angestellte war sichtlich gestresst und benahm sich recht albern. Er stieß beim Bedienen seines Terminals eilige Verwünschungen aus oder sog zischend Luft durch die Zähne und rollte mit den Augen. Keine günstige Atmosphäre für den Batzen Geld, den ich zu erhalten erwartete. Während der Mitarbeiter hin und her flitzte, flüsterte er mir die Frage zu, dabei den Mund mit seiner Hand beschirmend, ob ich möglichst große Scheine haben wollte, was ich natürlich bejahte. Es gab aber nur Hunderte, die ihm eine Kollegin auf recht unbedarfte Weise, also gut sichtbar, bündelweise in die Hand drückte. Der Postbank-Angestellte machte ein unzufriedenes Gesicht und ließ das Geld in die Hosentasche verschwinden, wo es bis zur Übergabe seine Hüfte wärmte. Nachdem die Formalien endlich über die Bühne gebracht worden waren, zählte er die ganzen Hunderte zweimal vor mir herunter, wobei er jeweils nach zehn Scheinen seinen Daumen über einen Briefmarkenanfeuchter (rosafarbener Schwamm in grünem Zylinder) strich. Dieses raschelnde Daumenkino machte mich ganz schwindelig. Wenn er geschickt und hinterfotzig gewesen wäre, hätte er mich ganz leicht übers Ohr hauen können. Erst als ich skeptisch das Bündel neben mein inzwischen ausgebreitetes Portemonnaie stellte, kam er darauf, mir einen schmucklosen Din-A-5 Umschlag anzubieten, worin ich die grünen Scheine stopfte. Allmählich wünschte ich mir, Augen im Hinterkopf zu haben, die getarnt durch die Haare hindurch nach ungebetenen Blicken spähen konnten. Auf meinen Schultern lastete so ein ungutes, lauerndes Gefühl, ganz so wie der Ladendieb, der mit der Ware aus der Tür tritt und damit rechnet vom Kaufhausdetektiv gepackt zu werden. Als ich mich vom Tresen wegdrehte, fiel dem Angestellten ein, dass er mir noch nicht mein Sparbuch wieder ausgehändigt hatte. Zum Abschied bekam ich noch ein Hustenbonbon überreicht („die schmecken gut“).
Ich war heilfroh, aus der Filiale zu kommen, aber der Haufen Scheine, der sich in meiner Wundertüte beulte, schien mir zu unpraktisch. Allerdings gönnte ich mir den Kitzel, mit den Fingern über die Banknoten zu streichen.
Um den Batzen zu verkleinern, ging ich anschließend zur nahe gelegenen Filiale der Deutschen Bank, wo sich rasch ein ähnlich nervöses Szenario entwickelte, als plötzlich hinter mir sich eine mächtige Schlange bildete. Eine attraktive Türkin Anfang 30 hatte ein Problem mit der Geheimnummer ihres Lovers und brachte den Betrieb dieser anscheinend ebenfalls unterbesetzten Zweigstelle ins Stocken. Der junge Mitarbeiter war schon längst ins Schwitzen gekommen, als er mein Geld in der Zählmaschine steckte (die mir wieder viel zu indiskret platziert war) und die Scheine gleich zweimal unter eine Schwarzlichtröhre hielt, um zu prüfen, ob er sich nicht Blüten einhandelte. Vor allem war er sich nicht sicher, ob der Tresor, der sich auf Kniehöhe unter dem Tresen befand, genug Wechselgeld hergeben würde. Dann verrechnete er sich auch noch einmal zu meinen Ungunsten, aber schlussendlich bekam ich dieselbe Summe mit weniger, größeren Scheinen retour. (Im Nachhinein betrachtet habe ich das Gefühl, dass er unbeabsichtigt seine eigene Bank geschädigt hat, weil er meiner Erinnerung nach wieder zu dem Haufen Hunderter, den ich gewechselt haben wollte, griff, um die Summe zu komplettieren. Aber das muss eine Fehlleistung meinerseits sein) . Auf dem Nachhauseweg wedelte ich befreit und belustigt mit dem Umschlag, dessen Leichtigkeit in einem betörenden Missverhältnis zum Wert seines Inhalts stand.
Zu Hause angekommen, wollte ich mich für einen Moment dem sinnlichen Eindruck des Bargeldes hingeben. Ich musste mich zwingen, die Rollos an meinem Fenster nicht herunter zu lassen. Schnell hatte ich das ganze Repertoire großer Scheine auf dem schwarzen Deckel meines Notebooks (auf dem ich gerade tippe) aufgefächert vor mir liegen: Was für ein schöner, bunter Strauß das war! Diese Variation ungewöhnlicher Farbtöne zeigten deutlich, wie herrlich und fröhlich das Leben in Reichtum doch sein muss. Ich muss zugeben, dass mich beim Anblick dieser Summe typisch bürgerlicher Stolz erfüllte: Das war der Lohn für meine Arbeit, das Blut, das ich brauchte, um zu leben. Und dennoch: Das war nur Papier: ein Windstoß konnte es leicht davontragen, um in alle Richtungen und unerreichbare Höhen zu entschwinden. Man musste es gut festhalten. So steckte ich es wieder in den glanzlosen Umschlag, um nicht allzu versessen zu werden von diesem nurmehr flüchtigen Anblick. Zu viel Geld schadet dem Charakter und weckt ungebetene Begehrlichkeiten.
Nach Beendigung der Aktion frage ich mich, was für eine Beziehung zum Geld an sich ich habe. Ich glaube, sie ist von Pragmatismus und Freiheit geprägt: Ich bin beileibe nicht geldgeil, aber arm möchte ich auf Dauer natürlich nicht sein, obwohl es nicht schadet, mal für eine Zeit auf seine Ausgaben genau achten zu müssen. Seitdem ich meinen befristeten Job ausübe, hat es mir allerdings immer ein gewisses Vergnügen bereitet, die Summe auf meinen Konten beharrlich wachsen zu sehen. In den letzten drei Monaten haben sich meine Ausgaben merklich vergrößert, aber im Schnitt kam immer noch mehr „rein“ als weggegeben wurde. Noch immer bin ich der Meinung, mit Geld umsichtig umzugehen und es nur dann auszugeben, wenn ich wirklich den Eindruck habe, es sei nötig. Allerdings komme ich nach fast jeder Einkaufsaktion zu dem Schluss, etwas übers Ziel hinaus geschossen zu sein -nicht so sehr deshalb, weil das unerwartet große Minus beim Zahlenstand sich eins zu eins in Emotionen umsetzen lässt, sondern vor allem darum, weil mir das ganze Dasein als Konsument nicht mehr geheuer ist (obschon ich mich längst nicht davon habe emanzipieren können). So besitzt der (seltene) Einkauf von Klamotten, Haushaltsgegenständen und Dekorationen immer einen unguten Nachgeschmack – nur beim Kauf von Büchern gehe ich zumeist recht ungeniert vor. Ich spende auch ab und zu, obwohl es mir akut weh tut bzw. gerade weil es weh tut – danach aber stellt sich eine gewisse Befriedigung, um nicht zu sagen Selbstgefälligkeit ein, die den Effekt beim Konsum von zumeist überflüssigem Zeug bei weitem übertrifft. Ansonsten spare ich vor allem deshalb mein Vermögen an, weil ich nicht weiß, was die Zukunft noch bringen wird – der typische Effekt, der sich bei einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik nun mal millionenfach einstellt.
Das Geld musste also vom Konto und daher unmittelbar in meine Hände gelangen. Mal wieder war die Schlange in der Postbank-Filiale unglaublich lang, die Schalter unterbesetzt, auch wenn die anwesenden Mitarbeiter sich Mühe gaben, schnell und freundlich die Wünsche der Kunden abzuwickeln. Außerdem setzte der Tresor zeitweise aus und die Online-Verbindung zur Zentrale funktionierte nicht richtig. Der mich bedienende Angestellte war sichtlich gestresst und benahm sich recht albern. Er stieß beim Bedienen seines Terminals eilige Verwünschungen aus oder sog zischend Luft durch die Zähne und rollte mit den Augen. Keine günstige Atmosphäre für den Batzen Geld, den ich zu erhalten erwartete. Während der Mitarbeiter hin und her flitzte, flüsterte er mir die Frage zu, dabei den Mund mit seiner Hand beschirmend, ob ich möglichst große Scheine haben wollte, was ich natürlich bejahte. Es gab aber nur Hunderte, die ihm eine Kollegin auf recht unbedarfte Weise, also gut sichtbar, bündelweise in die Hand drückte. Der Postbank-Angestellte machte ein unzufriedenes Gesicht und ließ das Geld in die Hosentasche verschwinden, wo es bis zur Übergabe seine Hüfte wärmte. Nachdem die Formalien endlich über die Bühne gebracht worden waren, zählte er die ganzen Hunderte zweimal vor mir herunter, wobei er jeweils nach zehn Scheinen seinen Daumen über einen Briefmarkenanfeuchter (rosafarbener Schwamm in grünem Zylinder) strich. Dieses raschelnde Daumenkino machte mich ganz schwindelig. Wenn er geschickt und hinterfotzig gewesen wäre, hätte er mich ganz leicht übers Ohr hauen können. Erst als ich skeptisch das Bündel neben mein inzwischen ausgebreitetes Portemonnaie stellte, kam er darauf, mir einen schmucklosen Din-A-5 Umschlag anzubieten, worin ich die grünen Scheine stopfte. Allmählich wünschte ich mir, Augen im Hinterkopf zu haben, die getarnt durch die Haare hindurch nach ungebetenen Blicken spähen konnten. Auf meinen Schultern lastete so ein ungutes, lauerndes Gefühl, ganz so wie der Ladendieb, der mit der Ware aus der Tür tritt und damit rechnet vom Kaufhausdetektiv gepackt zu werden. Als ich mich vom Tresen wegdrehte, fiel dem Angestellten ein, dass er mir noch nicht mein Sparbuch wieder ausgehändigt hatte. Zum Abschied bekam ich noch ein Hustenbonbon überreicht („die schmecken gut“).
Ich war heilfroh, aus der Filiale zu kommen, aber der Haufen Scheine, der sich in meiner Wundertüte beulte, schien mir zu unpraktisch. Allerdings gönnte ich mir den Kitzel, mit den Fingern über die Banknoten zu streichen.
Um den Batzen zu verkleinern, ging ich anschließend zur nahe gelegenen Filiale der Deutschen Bank, wo sich rasch ein ähnlich nervöses Szenario entwickelte, als plötzlich hinter mir sich eine mächtige Schlange bildete. Eine attraktive Türkin Anfang 30 hatte ein Problem mit der Geheimnummer ihres Lovers und brachte den Betrieb dieser anscheinend ebenfalls unterbesetzten Zweigstelle ins Stocken. Der junge Mitarbeiter war schon längst ins Schwitzen gekommen, als er mein Geld in der Zählmaschine steckte (die mir wieder viel zu indiskret platziert war) und die Scheine gleich zweimal unter eine Schwarzlichtröhre hielt, um zu prüfen, ob er sich nicht Blüten einhandelte. Vor allem war er sich nicht sicher, ob der Tresor, der sich auf Kniehöhe unter dem Tresen befand, genug Wechselgeld hergeben würde. Dann verrechnete er sich auch noch einmal zu meinen Ungunsten, aber schlussendlich bekam ich dieselbe Summe mit weniger, größeren Scheinen retour. (Im Nachhinein betrachtet habe ich das Gefühl, dass er unbeabsichtigt seine eigene Bank geschädigt hat, weil er meiner Erinnerung nach wieder zu dem Haufen Hunderter, den ich gewechselt haben wollte, griff, um die Summe zu komplettieren. Aber das muss eine Fehlleistung meinerseits sein) . Auf dem Nachhauseweg wedelte ich befreit und belustigt mit dem Umschlag, dessen Leichtigkeit in einem betörenden Missverhältnis zum Wert seines Inhalts stand.
Zu Hause angekommen, wollte ich mich für einen Moment dem sinnlichen Eindruck des Bargeldes hingeben. Ich musste mich zwingen, die Rollos an meinem Fenster nicht herunter zu lassen. Schnell hatte ich das ganze Repertoire großer Scheine auf dem schwarzen Deckel meines Notebooks (auf dem ich gerade tippe) aufgefächert vor mir liegen: Was für ein schöner, bunter Strauß das war! Diese Variation ungewöhnlicher Farbtöne zeigten deutlich, wie herrlich und fröhlich das Leben in Reichtum doch sein muss. Ich muss zugeben, dass mich beim Anblick dieser Summe typisch bürgerlicher Stolz erfüllte: Das war der Lohn für meine Arbeit, das Blut, das ich brauchte, um zu leben. Und dennoch: Das war nur Papier: ein Windstoß konnte es leicht davontragen, um in alle Richtungen und unerreichbare Höhen zu entschwinden. Man musste es gut festhalten. So steckte ich es wieder in den glanzlosen Umschlag, um nicht allzu versessen zu werden von diesem nurmehr flüchtigen Anblick. Zu viel Geld schadet dem Charakter und weckt ungebetene Begehrlichkeiten.
Katev - 9. Dez, 20:10