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Zufälligerweise holte mich mein Wecker knapp zwanzig Minuten bevor Obama zum Sieger erklärt wurde aus dem Schlaf. Ich konnte also noch die Euphorie erleben bei den Menschen in den USA als auch die schwärmerische Amerika-Begeisterung im deutschen Fernsehen. Ich sah mir noch die Rede McCains an, in der er seine Niederlage eingestand und bei der die Entfremdung, die zwischen ihm und den Anhängern der Republikaner herrschte, unverkennbar war. Bis Obamas Rede wollte ich nicht mehr warten, denn ich musste früh aufstehen. Am nächsten Morgen sah ich dann auch noch diese, und ich war erstaunt und ein wenig angetan ob seiner Gefasstheit. Ja, ich finde auch, dass er wirklich reizende Kinder hat. Allerdings war der Inhalt seiner Rede wieder voll jener schönen Worte, die letztendlich nichts bedeuten und einfach nur dem Publikum schmeicheln und ihm ein gutes Gefühl geben sollen. Und die Amerikaner konnten mal wieder sich selbst feiern und hinausposaunen, wie stolz sie darauf sind Amerikaner zu sein, obwohl sie eher Grund haben sich für ihr Land zu schämen. Aber natürlich ist es ein zutiefst befriedigender Gedanke, dass ein Schwarzer mit multikulturellem Hintergrund, der durch seinen afrikanisch-arabischen Namen erkennbar wird, für 52 Prozent der zahlreichen Wähler als Präsident in Frage gekommen ist, und es war erschütternd zu sehen, dass Weiße in Freudentränen ausbrachen, weil ein Schwarzer ihr Oberkommandierender werden würde. Es war ein Triumph des Linksliberalismus, der Beweis, dass die Demokraten nur gewinnen können, wenn sie allzu zentristische Positionen verlassen. Sowohl aus linker als auch rechter Perspektive muss man sich aber fragen, was bei Obama am Ende für eine Politik herauskommen wird. Was die Außenpolitik anbetrifft, verspricht sich Robert Fisk überhaupt nichts von ihm, Uri Avnery aber will die Hoffnung nicht aufgeben. Chomsky setzt innenpolitisch nur klitzekleine Hoffnungen auf ihn, was für seine Verhältnisse aber schon fast viel ist. Man kann nur hoffen, dass Obama es wenigstens hinkriegt, den Bürgern eine effektive Krankenversicherung aufzubauen und die Klimapolitik entscheidend zu verbessern. (Ich muss an einen Aufsatz von Mike Davis über den Sieg der Demokraten bei den Wahlen von 2006 denken, wo er sehr schön herausarbeitet, wie wenig dem Parteiestablishment soziale Kriterien überhaupt bedeuten und er fest davon ausgeht, dass Hillary Clinton die Kandidatin fürs Präsidentenamt werden wird, während er Obama, den er nur in Paranthese erwähnt, eine nurmehr exotische Außenseiterrolle einräumt...)
Als Gegengewicht zu all der Euphorie sah ich mir heute im Kino "Let's make money" an, das war ein gutes Kontrastprogramm. Die wenigen Leute im kleinen Saal zeigten an drei Stellen emotionale Reaktionen: Bei der Auskunft des NZZ- und MPS-Mannes die globale Freiheit von Waren und Dienstleistungen sei begrüßenswert, die von Menschen dagegen problematisch und solle nach dem Prinzip einer Clubmitgliedschaft geregelt werden; bei der Aussage von John Perkins wie Regierungen zu einer US-freundlichen Wirtschaftspolitik gezwungen werden und der Irak nur angegriffen wurde, weil zuerst die "Wirtschaftskiller", die also die Konditionen zugunsten der Supermacht aushandeln sollen, ihr Ziel nicht erreicht hatten und dann auch die entsandten Attentäter es nicht vermochten einen Regimewechsel durch Mord einzuleiten; drittens bei der Darstellung der wahnsinnigen Immobilienblase an der gesamten Küste Spaniens, die die Landschaft mit Geisterstädten verschandelt und die mit einem irrsinnigen Wasserverbrauch für ungenutzte Golfplätze einhergeht. So sieht es aus.
Als Gegengewicht zu all der Euphorie sah ich mir heute im Kino "Let's make money" an, das war ein gutes Kontrastprogramm. Die wenigen Leute im kleinen Saal zeigten an drei Stellen emotionale Reaktionen: Bei der Auskunft des NZZ- und MPS-Mannes die globale Freiheit von Waren und Dienstleistungen sei begrüßenswert, die von Menschen dagegen problematisch und solle nach dem Prinzip einer Clubmitgliedschaft geregelt werden; bei der Aussage von John Perkins wie Regierungen zu einer US-freundlichen Wirtschaftspolitik gezwungen werden und der Irak nur angegriffen wurde, weil zuerst die "Wirtschaftskiller", die also die Konditionen zugunsten der Supermacht aushandeln sollen, ihr Ziel nicht erreicht hatten und dann auch die entsandten Attentäter es nicht vermochten einen Regimewechsel durch Mord einzuleiten; drittens bei der Darstellung der wahnsinnigen Immobilienblase an der gesamten Küste Spaniens, die die Landschaft mit Geisterstädten verschandelt und die mit einem irrsinnigen Wasserverbrauch für ungenutzte Golfplätze einhergeht. So sieht es aus.
Katev - 6. Nov, 16:10